Übungsblatt 9
Einzelfalldiagnostik
- Was ist der Unterschied zwischen \(\theta\) und \(\theta_{Person}\)? TippLösung- \(\theta\) ist eine Zufallsvariable, \(\theta_{Person}\) ist eine (unbekannte) Konstante. 
 \(\theta_{Person}\) ist der Wert einer festen Person auf der latenten Variable.
 \(\theta\) ist der Wert einer zufällig gezogenen Person auf der latenten Variable mit \(\theta_{Person}\) als Realisation.
- Was ist der Standardmessfehler bei der Schätzung von \(\theta_{Person}\) ? TippLösung- Die Standardabweichung der Schätzfunktion \(\hat{\theta}_{Person}\). 
- Warum sollte in der Einzelfalldiagnostik für \(\theta_{Person}\) immer ein Konfidenzintervall statt einem einfachen (Punkt-)Schätzwert berechnet werden? TippLösung- Da der Punktschätzwert den Messfehler nicht berücksichtigt. 
- Was versteht man unter einer Normstichprobe? TippLösung- Die Stichprobe von (zufällig gezogenen) Personen, an der die Skalierung des Tests vorgenommen wird und auf Basis derer die Modellparameter geschätzt werden. 
- Eine Person hat auf vier parallelen Reaktionszeit-Items folgende Reaktionszeiten gezeigt: - Item 1: 70 
 Item 2: 50
 Item 3: 60
 Item 4: 50
 - Ihnen liegen folgende Outputs aus der Normstichprobe vor:  - Berechnen Sie den Schätzwert für den Standardmessfehler TippLösung- \(\hat{SE}(\hat{\theta}_{Person}) = \sqrt{\frac{Var(\epsilon_{i})}{k}} = \sqrt{\frac{24.352}{4}} \approx 2.47\) 
- Berechnen Sie den Schätzwert für \(\theta_{Person}\) TippLösung- \(\hat{\theta}_{Person} = \frac{1}{k} \sum_{i=1}^{k} x_{iPerson} = \frac{70 + 50 + 60 + 50}{4} = 57.5\) 
- Berechnen Sie ein 95%-Konfidenzintervall für \(\theta_{Person}\) TippLösung- \[\begin{align*} & I_{Person} \\ &= [\hat{\theta}_{Person} \pm z_{1-\frac{a}{2}} \cdot \hat{SE}(\hat{\theta}_{Person})] \\ &= [57.5 \pm 1.96 \cdot 2.47] \\ &= [52.66; 62.34] \end{align*}\] 
- Geben Sie die Schätzwerte für \(E(\theta)\), \(Var(\theta)\) und \(\sqrt{Var(\theta)}\) an TippLösung- Der Schätzwert für \(E(\theta)\) ist 69.861 
 Der Schätzwert für \(Var(\theta)\) ist 25.367
 Der Schätzwert für \(\sqrt{Var(\theta)}\) ist \(\sqrt{25.367} = 5.04\)
- Interpretieren Sie das Konfidenzintervall im normorientierten Sinne (unterdurchschnittlich, durchschnittlich, überdurchschnittlich etc.) TippLösung- Wir gehen davon aus, dass die Person einen unterdurchschnittlichen Wert auf der latenten Variable aufweist. 
 Das gesamte Konfidenzintervall der Person liegt unter dem Wert 69.861 – 5.04 = 64.82, der eine Standardabweichung unter dem Populationsmittelwert liegt.
 - Eine zweite Person hat auf den vier Items folgende Reaktionszeiten gezeigt: - Item 1: 40 
 Item 2: 60
 Item 3: 80
 Item 4: 90- Sie wollen wissen, ob diese Person einen höheren latenten Variablenwert als die erste Person hat - Stellen Sie die statistischen Hypothesen auf TippLösung- \(H_{0}: \theta_{Person2} \leq \theta_{Person1}\) 
 \(H_{1}: \theta_{Person2} > \theta_{Person1}\)
- Berechnen Sie die Realisation der Teststatistik TippLösung- \[\begin{align*} & \hat{\theta}_{Person1} = 57.5 \\ & \hat{\theta}_{Person2} = \frac{1}{k} \sum_{i=1}^{k} x_{iPerson} = \frac{40 + 60 + 80 + 90}{4} = 67.5 \\ & z = \frac{\hat{\theta}_{Person2} - \hat{\theta}_{Person1}}{\sqrt{2} \cdot \hat{SE}(\hat{\theta}_{Person})} = \frac{67.5 - 57.5}{\sqrt{2} \cdot 2.47} = 2.86 \end{align*}\] 
- Treffen Sie eine Testentscheidung TippLösung- Da \(z > z_{krit,rechts} = 1.64\), lehnen wir die \(H_{0}\) ab. Wir entscheiden uns dafür, dass Person 2 einen höheren latenten Variablenwert als Person 1 aufweist. 
 
- Eine Person hat auf vier essentiell \(\tau\)-äquivalente Items wie folgt geantwortet: - Item 1: 5 Item 2: 4 Item 3: 5 Item 4: 4 - Ihnen liegen folgende Outputs aus der Normstichprobe vor:  - Berechnen Sie ein 95%-Konfidenzintervall für \(\theta_{Person}\) TippLösung- \[\begin{align*} & \hat{SE}(\hat{\theta}_{Person}) = \frac{1}{\sqrt{\sum_{i=1}^{k} \frac{1}{var(\epsilon_{i})}}} = \frac{1}{\sqrt{\frac{1}{0.043} + \frac{1}{0.495} + \frac{1}{0.972} + \frac{1}{0.080}}} \approx 0.16 \\ \\ & \hat{\theta}_{Person} = \frac{\sum_{i=1}^{k} \frac{x_{iPerson} - \sigma_{i}}{var(\epsilon_{i})}}{\sum_{i=1}^{k} \frac{1}{var(\epsilon_{i})}} \\ \\ &= \frac{\frac{5 - 1.091}{0.043} + \frac{4 - 2.123}{0.495} + \frac{5 - 2.618}{0.972} + \frac{4 - 4.086}{0.080}}{\frac{1}{0.043} + \frac{1}{0.495} + \frac{1}{0.972} + \frac{1}{0.080}} \approx 2.48 \\ \\ & I_{Person} \\ &= [\hat{\theta}_{Person} \pm z_{1-\frac{a}{2}} \cdot \hat{SE}(\hat{\theta}_{Person})] \\ &= [2.48 \pm 1.96 \cdot 0.16] \\ &= [2.17; 2.79] \end{align*}\] 
- Rechnen Sie die Grenzen des Konfidenzintervalls in IQ-Werte um TippLösung- \(E(\theta)\) ist aufgrund der Normierung gleich 0. Der Schätzwert für \(Var(\theta)\) ist 3.783 und somit der Schätzwert für \(\sqrt{Var(\theta)}\) gleich \(\sqrt{3.783} = 1.94\) - Schritt 1: Umrechnen der Intervallgrenzen in z-standardisierte Werte nach der Formel - \(\hat{\theta}_{Person, z-Wert} = \frac{\hat{\theta}_{Person} - E(\theta)}{\sqrt{Var(\theta)}}\) - ergibt als untere Grenze \(\frac{2.17 - 0}{1.94} = 1.12\) und als obere Grenze \(\frac{2.79 - 0}{1.94} = 1.44\) - Schritt 2: Umrechnen dieser Grenzen in IQ-Werte nach der Formel - \(\hat{\theta}_{Person,Normwert} = E(\theta_{Norm}) + STD(\theta_{Norm}) \cdot \hat{\theta}_{Person, z-Wert}\) 
 - mit \(E(\theta_{Norm}) = 100\) und \(STD(\theta_{Norm}) = 15\) ergibt sich 
 als untere Grenze \(100 + 15 \cdot 1.12 = 116.8\)
 und als obere Grenze \(100 + 15 \cdot 1.44 = 121.6\)
 - Das Konfidenzintervall auf der Basis der IQ-Normwerte ist also \([116.8; 121.6]\) 
- Interpretieren Sie das Konfidenzintervall im normorientierten Sinne TippLösung- Wir gehen davon aus, dass die Person einen überdurchschnittlichen Wert auf der latenten Variable aufweist. 
 Das gesamte Konfidenzintervall der Person liegt über dem Wert 100 + 15 = 115, der eine Standardabweichung über dem Populationsmittelwert liegt.
 
- Eine Person hat auf vier \(\tau\)-kongenerische Items wie folgt geantwortet: - Item 1: 3 Item 2: 1 Item 3: 3 Item 4: 2 - Ihnen liegen folgende Outputs aus der Normstichprobe vor:  - Rechnen Sie die Itemantworten \(x_{iPerson}\) der Person in z-standardisierte Itemantworten \(z_{iPerson}\) um. Verwenden Sie dabei folgende Schätzwerte für die Varianzen der Items: - \(var(X_{1}): 1\) 
 \(var(X_{2}): 1.1\)
 \(var(X_{3}): 2\)
 \(var(X_{4}): 1.2\)
 TippLösung- Formel für die Umrechnung in z-standardisierte Itemantworten: - \(Z_{iPerson} = \frac{X_{iPerson} - E(X_{i})}{\sqrt{Var(X_{i})}} = \frac{X_{iPerson} - \sigma_{i}}{\sqrt{Var(X_{i})}}\) - Damit ergibt sich: - \(z_{1Person} = \frac{3 - 1.033}{\sqrt{1}} = 1.97\) - \(z_{2Person} = \frac{1 - 2.002}{\sqrt{1.1}} = -0.96\) - \(z_{3Person} = \frac{3 - 2.495}{\sqrt{2}} = 0.36\) - \(z_{4Person} = \frac{2 - 4.014}{\sqrt{1.2}} = -1.84\) 
- Berechnen Sie ein 95%-Konfidenzintervall für \(\theta_{Person}\) TippLösung- \[\begin{align*} & \hat{SE}(\hat{\theta}_{Person}) = \frac{1}{\sqrt{\sum_{i=1}^{k} \frac{\beta^{2}_{zi}}{1-\beta^{2}_{zi}}}} = \frac{1}{\sqrt{\frac{0.995^{2}}{1 - 0.995^{2}} + \frac{0.576^{2}}{1 - 0.576^{2}} + \frac{0.703^{2}}{1 - 0.703^{2}} + \frac{0.981^{2}}{1 - 0.981^{2}}}} \approx 0.09 \\ \\ & \hat{\theta}_{Person} = \frac{\sum_{i=1}^{k} \frac{\beta_{zi} \cdot z_{iPerson}}{1 - \beta^{2}_{zi}}}{\sum_{i=1}^{k} \frac{\beta^{2}_{zi}}{1 - \beta^{2}_{zi}}} = \frac{\frac{0.995 \cdot 1.97}{1 - 0.995^{2}} + \frac{0.576 \cdot (-0.96)}{1 - 0.576^{2}} + \frac{0.703 \cdot 0.36}{1 - 0.703^{2}} + \frac{0.981 \cdot (-1.84)}{1 - 0.981^{2}}}{\frac{0.995^{2}}{1 - 0.995^{2}} + \frac{0.576^{2}}{1 - 0.576^{2}} + \frac{0.703^{2}}{1 - 0.703^{2}} + \frac{0.981^{2}}{1 - 0.981^{2}}} \approx 1.17 \\ \\ & I_{Person} = [\hat{\theta}_{Person} \pm z_{1-\frac{a}{2}} \cdot \hat{SE}(\hat{\theta}_{Person})] = [1.17 \pm 1.96 \cdot 0.09] = [0.99; 1.35] \end{align*}\] 
- Rechnen Sie die Grenzen des Konfidenzintervalls in T-Werte um TippLösung- \(E(\theta)\) ist aufgrund der Normierung gleich 0. \(Var(\theta)\) ist aufgrund der Normierung gleich 1. Umrechnen der Intervallgrenzen in z-standardisierte Werte (Schritt 1) ist somit nicht notwendig. - Schritt 2: Umrechnen der Intervallgrenzen in T-Werte nach der Formel - \(\hat{\theta}_{Person,Normwert} = E(\theta_{Norm}) + STD(\theta_{Norm}) \cdot \hat{\theta}_{Person,z-Wert}\) - mit \(E(\theta_{Norm}) = 50\) und \(STD(\theta_{Norm}) = 10\) ergibt 
 als untere Grenze \(50 + 10 \cdot 0.99 = 59.9\) und
 als obere Grenze \(50 + 10 \cdot 1.35 = 63.5\)
 - Das Konfidenzintervall auf der Basis der T-Normwerte ist also \([59.9; 63.5]\) 
- Interpretieren Sie das Konfidenzintervall im normorientierten Sinne TippLösung- Wir gehen davon aus, dass die Person einen durchschnittlichen bis überdurchschnittlichen Wert auf der latenten Variable aufweist. 
 Das Konfidenzintervall der Person überschneidet den Wert 50 + 10 = 60, der eine Standardabweichung über dem Populationsmittelwert liegt.